Da war er nun also voll, der erste Film und ich war neugierig, ob denn überhaupt was darauf zu sehen ist. Also muss der Film entwickelt werden. Aber wer macht sowas heute noch? Im Internet finden sich schnell antworten: Fast alle Drogerien nehmen diese Filme an, es gibt aber auch Fachlabore, die das entwickeln übernehmen und wo man oft auch Sonderwünsche äußern kann. Man könne den Film aber auch einfach selbst entwickeln.
Selbst entwickeln? Aber was ist, wenn da was schiefgeht? Egal, dieser erste Film war sowieso mit der Gefahr, dass die Kamera nicht lichtdicht sein könnte geschossen und so bin ich mir sowieso nicht sicher, ob es etwas zu sehen gibt. Ich entschied mich also dazu, die Filmentwicklung selbst zu übernehmen.
Schnell bin ich auf eine Beitragsreihe von Boris aufmerksam geworden, der nach den ersten Erfahrungen im Fotoladen entschlossen hat, benötigtes Material zu kaufen und seine Filme ebenfalls selbst zu entwickeln.
Ich habe es ihm also nachgetan und mich sogar für das gleiche Entwicklerset entschieden, das Startset Mittelformat mit Wechselsack von Spürsinn.

Das ist im Set und dafür braucht man es
Neben 5 Schwarzweiß-Filmen enthält das Set folgendes:
- Entwicklerkonzentrat: Hieraus kann später mit Wasser die Entwicklerlösung gemacht werden, in welcher die eigentliche Entwicklung des Films erfolgt.
- Fixiererkonzentrat: Durch Zugabe von Wasser wird eine Fixiererlösung angelegt, durch welche die Filmentwicklung „abgestoppt“ wird.
- Entwicklerdose: In dieser Dose liegt der Film beim Entwickeln. Zum Einen ist der Film somit recht kompakt untergebracht und man benötigt nicht allzuviel Entwickler- bzw. Fixiererlösung. Zum Anderen ist der Film darin im Dunkeln. Auch beim Befüllen und Auskippen der Lösungen gelangt kein Licht in die Dose. Die Filmentwicklung muss in absoluter Dunkelheit stattfinden.
- Spirale: Auf die Spirale wird der Film aufgespult, sodass dieser beim Entwickeln von jeder Seite frei ist und nicht aneinander klebt. Sie lässt sich auf verschiedene Filme anpassen, indem die eine Seite ausziehbar ist. Von meinem 120er Rollfilm passen zwei Filme hintereinander gespult auf die Spirale. Die Spirale wird dann mit Film zur Entwicklung in die Dose gelegt.
- Thermometer: Da die Entwicklung mit vorgegebener und relativ konstanter Temperatur erfolgen muss, bietet sich der Einsatz eines Thermometers an.
- Filmklammern: Mit diesen Klammern kann der Film später zum Trocknen aufgehängt werden. Eine der Klammern ist beschwert, sodass Wind den aufgehängten Film nicht umherwirbeln kann.
- zwei Chemikalienflaschen: Hier wird die fertige Entwickler- bzw. Fixiererlösung aufbewahrt. Zumindest den Fixierer kann man anscheinend auch mehrfach wiederverwenden.
- Trichter: Der Trichter dient dem Einfüllen von Flüssigkeiten in die Dose.
- Mensur: Der Messbecher dient zum Abmessen der korrekten Menge von Entwickler, Fixierer oder Wasser.
- Wechselsack: Da ich keine Dunkelkammer habe, muss ich die Umgebung in der ich den Film wechsele anders abdunkeln. In einem Wechselsack kann der Film in Dunkelheit von der Filmrolle abgespult, auf die Spirale aufgespult und in der Dose sicher verstaut werden.
- Filmabstreifer: Dieses Werkzeug dient dazu, den Film von überschüssigem Wasser zu befreien und Wasserflecken zu verhindern. Wenn sich aber Staubkörner auf der Gummilippe befinden, läuft man Gefahr, dass man einen Kratzer über die gesamte Länge des Films erzeugt. Daher empfiehlt es sich, den Filmabstreifer zu entsorgen und stattdessen in der letzten Spülung destilliertes Wasser zu verwenden.
- Einen Lolli. Den hatte ich nicht bestellt, aber natürlich habe ich ihn dennoch genossen 🙂
Zusätzlich habe ich mir in der Drogerie einen Kanister mit destilliertem Wasser besorgt.

Los geht’s!
Der Ablauf ist nun also klar. Nun muss noch die richtige Mischung für die Entwickler- und Fixiererlösung gefunden werden, bis ich endlich loslegen kann. Aus dem Datenblatt des Entwicklers, in meinem Fall Spürsinn classic kann die richtige Mischung für gängige Filme abgelesen werden. Ich verwende einen Fomapan 100, entscheide mich für eine 1+7-Verdünnung und lese aus dem Datenblatt für 20°C eine Entwicklungszeit von 6 Minuten ab. Beim Fixierer wird eine 1+6-Verdünnung vorgeschlagen. Für einen Film benötige ich jeweils 590ml Flüssigkeit. Ich setze die Lösungen also an, befülle die Kunststoffflaschen und beschrifte sie jeweils. Mit dem Thermometer ist es einfach, die Wassertemperatur zu ermitteln, sodass die Lösungen 20°C haben.
Die Voraussetzungen sind nun also gegeben. Jetzt gilt es, den Film im Wechselsack umzuspulen und die Spule sicher in der Dose zu verstauen. Ich hatte das vorher mit einem Opferfilm schon einmal im Hellen und noch einmal im Dunklen geübt, ich fühlte mich also relativ sicher in dem, was ich tat. Wechselsack geöffnet, Dose, Spule und Filmrolle hinein, Wechselsack verschlossen. Nun die Arme durch die Öffnungen und es kann losgehen. Das Öffnen der Filmrolle klappt ganz gut, ebenso der erste Teil des Einspulens. Um den Film auf die Spirale zu spulen muss man eigentlich nicht viel mehr tun, als immer wieder die beiden Seiten gegeneinander zu verdrehen. Ein cleverer Mechanismus!
Doch dann passierte das erste Malheur: Der Film rutschte aus den Führungen in der Spirale. Was nun? Zum Ändern der Größe wird eine Seite der Spirale gelockert und dann an der richtigen Position wieder festgeklickt. Genauso kann man die Seite auch komplett entfernen und anschließend den Film von der Spule nehmen. So, ich hatte also den Film wieder entfernt und neben der Dose und ihrem Deckel, dem Film und dem ebensolangen Filmpapier nun auch noch zwei Spiralenteile im doch relativ engen Wechselsack herumliegen. Diese musste ich nun in der richtigen Größe wieder zusammensetzen, in völliger Dunkelheit, ohne zu sehen, was die Hände tun. Ein schwieriges Unterfangen. Irgendwie hat es dann aber funktioniert und ich konnte ein zweites Mal versuchen, den Film auf die Spirale zu fädeln.
Bald hatte ich also den Film fast zu Ende aufgespult und mittlerweile auch schwitzige Hände. Am Ende des Filmstreifens befindet sich ein Stück Klebefilm, mit dem der Film am Trägerpapier befestigt ist. In meinem Test ließ sich der Klebestreifen sehr leicht ablösen und der Rest des Films dann auf die Spirale spulen. Hier passierte mir dann aber Malheur #2: Ich habe offensichtlich in die falsche Richtung gezogen und den Klebestreifen zerrissen, ein Rest verbleib auf dem Film. Ich dachte mir aber nichts dabei, da das erste belichtete Foto ja sowieso hinter dem Klebestreifen folgen musste.
Nun war der Film also auf der Spirale, die Spirale ließ sich auch in die Dose einsetzen und die Dose wurde verschlossen. Übrig blieb das Trägerpapier. Ich hatte irgendwo gehört, dass man versuchen sollte, das Trägerpapier zu zerreißen um sicherzustellen, dass man auch den Film und nicht das Papier aufgespult hat. Mein Riss-Test war erfolgreich und ich öffnete den Wechselsack, um die Dose zu entnehmen. Das war also schon der heikle Teil.

Nun folgte die eigentliche Entwickung. Als kleine technische Hilfe diente mir die Android-App Dev it – darkroom timer. Sicherlich gibt es ähnliche Apps auch für andere Betriebssysteme. Schnell ist das Rezept mit den Entwicklungs-, Fixierungs- und Wässerungszeiten einprogrammiert und die Entwicklung kann beginnen. Hin und wieder muss die Dose gedreht werden, damit die Lösung auch überall hingelangt. Die letzte Wässerung mache ich mit destilliertem Wasser, damit keine Wasserflecken auf dem Film verbleiben. Wichtig: Verbrauchte Entwickler- oder Fixiererlösung auf keinen Fall in den Abfluss geben, diese Chemikalien sind Sondermüll!
Beim Öffnen der Dose wird klar: Es hat geklappt, alle Bilder sind wunderbar zu erkennen! Der oben angesprochene Klebestreifen ist leider leicht auf dem ersten Bild zu sehen, dafür ist nach dem letzten ein wenig Film unbelichtet. Das macht aber gar nichts, es ist ja der erste Film.
Die Entwicklung ist also wirklich ein Kinderspiel. Im nächsten Beitrag erfahrt ihr, wie ich meine Negative digitalisiere.